Warum Emotionsregulation so wichtig ist
Emotionsregulation heißt: Ich weiß, was ich fühle – und ich finde Wege, damit umzugehen. Diese Fähigkeit ist eng verbunden mit der Entwicklung von Selbstwahrnehmung, Empathie und sozialem Verhalten. Kinder, die lernen, ihre Gefühle zu erkennen und auszudrücken, können Konflikte besser lösen, Freundschaften gestalten und mit Herausforderungen wachsen.
Der Psychologe Paul Ekman identifizierte sieben sogenannte Basisemotionen, die weltweit bei Menschen auftreten: Freude, Trauer, Wut, Angst, Ekel, Überraschung und Verachtung. Kinder erkennen diese Emotionen früh intuitiv – doch sie brauchen Erwachsene, die ihnen helfen, dafür Worte zu finden und konstruktive Ausdrucksformen zu entwickeln.
Sylvia Pfeffer beschreibt Emotionsregulation als zentrale Schlüsselkompetenz für ein gelingendes soziales Miteinander. Besonders in der frühen Kindheit legt sie den Grundstein für spätere Lern- und Lebensfähigkeit. Pädagogische Fachkräfte können diesen Prozess durch bewusstes sprachliches Spiegeln, durch Struktur und durch emotionale Sicherheit entscheidend unterstützen.
Die Forschung hierzu legt nahe, dass die Emotionserkennung – und verarbeitung im Kindesalter unterschiedlich ausgeprägt ist und auch von äußeren Gegebenheiten und Erlebnissen im Laufe der kindlichen Entwicklung beeinflusst wird.
Was im Gehirn vor sich geht
Auch im Gehirn passiert bei Kindern beim Umgang mit ihren Gefühlen so einiges: Ein Teil, die sogenannte Amygdala (das „Alarmzentrum“ des Gehirns, zuständig für schnelle emotionale Reaktionen wie Angst oder Wut), springt besonders schnell an, wenn starke Gefühle auftauchen. Der Hippocampus (eine Struktur, die wie ein Seepferdchen aussieht und für das Speichern von Erinnerungen wichtig ist) hilft dabei, emotionale Erfahrungen abzuspeichern – zum Beispiel, wenn etwas sehr schön oder sehr traurig war. Und der präfrontale Kortex, also der vordere Bereich im Gehirn, unterstützt Kinder dabei, sich selbst zu steuern: nicht sofort zu schreien, wenn sie wütend sind, oder erst nachzudenken, bevor sie handeln.
All diese Bereiche gehören zum limbischen System – sozusagen zur „Gefühlszentrale“ im Gehirn, in der Emotionen verarbeitet und gesteuert werden.
Spielerisch Gefühle entdecken
Kinder lernen über das Spiel. Sie verarbeiten Erlebtes, probieren sich aus, finden Ausdruck. Genau hier liegt der Schlüssel für eine kindgerechte Emotionsförderung: spielerisch, kreativ und ohne Druck. Hier einige bewährte Spielideen aus der Praxis:
- Gefühlewürfel: Kinder würfeln Emotionen wie Wut, Freude oder Angst und benennen die Emotion, zeigen die passende Mimik oder erzählen (je nach Alter) von eigenen Erlebnissen.
- Das Zaubertor: Ein geschmückter Durchgang im Raum wird zur Einladung: Wer hindurchgeht, sagt, wie er sich fühlt und was er braucht oder sich im Moment wünscht (z. B. Ich bin gerade traurig, weil mein Hase gestern krank wurde und ich möchte bitte in der Bilderbuchecke ein Buch anschauen).
- Auf-dem-Platz-Rennen: Bewegung als Ventil: Wut wird gestampft, Freude gehüpft – Emotionen werden körperlich ausgedrück (kann im Raum oder auch draußen gespielt werden).
- Kreative Materialien: Gefühlssteine, Stimmungsbarometer oder Gefühlsteppiche regen zum Nachdenken und Erzählen an und können kreativ und bunt selbst gestaltet werden.
Die wichtige Rolle der pädagogischen Fachkraft
Pädagogische Fachkräfte begleiten Kinder im emotionalen Lernen – im Morgenkreis, im Streit um ein Spielzeug oder beim Malen. Hier ein paar Tipps für den Kita-Alltag:
- Gefühle benennen und spiegeln: „Ich sehe, du bist enttäuscht.“
- Verständnis zeigen statt schnell beruhigen.
- Impulse zum Perspektivwechsel geben: „Wie würdest du dich fühlen, wenn dich jemand schubst?“
- Ruhig bleiben bei starken Gefühlen – Sicherheit geben.
- Eigene Emotionen teilen: „Ich bin gerade müde und brauche einen Moment.“
- Rituale nutzen, z. B. tägliche Gefühlskreise oder Achtsamkeitsübungen.
- Fördern von Empathie und Verständnis für andere, z. B. durch Trösten
Fazit
Kinder dürfen fühlen – das ist der erste Schritt zur Selbstregulation. Wenn pädagogische Fachkräfte ihnen empathisch, klar und kreativ zur Seite stehen, entsteht eine Kita-Kultur, in der Gefühle willkommen sind. Und das stärkt nicht nur die Kinder – sondern auch das Miteinander in der Kita-Gruppe und im gesamten Team.
Deine Bildungsexpertin
Deine Christina Zehetner
Literatur:
- Ekman, P. (2016). Gefühle lesen. Wie Sie Emotionen richtig erkennen und interpretieren (2. Aufl.). Springer Verlag.
- Grubert, A. (2022). Die 50 besten Spiele zur Selbstregulation (3. Aufl.). Don Bosco Medien GmbH.
- Imlau, N. (2021). So viel Freude, so viel Wut. Gefühlsstarke Kinder verstehen und begleiten. Penguin Verlag.
- Pfeffer, S. (2019). Sozial-emotionale Entwicklung fördern. Wie Kinder in der Gemeinschaft stark werden. Herder Verlag.