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Eine Überlastungsanzeige schreiben

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Bildungsexperten Blog, Ilka Köhler: Eine Überlastungsanzeige schreiben - Fortbildung für Kita, Grundschule, Förderschule, KJH

Überlastungsanzeigen als Pflicht oder Kür?

Wenn sich die Arbeitsbedingungen in den pädagogischen Einrichtungen wie Kita und Schule ändern, weil zu viele Fachkräfte urlaubs- oder krankheitsbedingt fehlen oder die Fluktuation zu groß ist, kann es vorkommen, dass die verbleibenden Fachkräfte am Rande ihrer Kapazitäts- und Belastungsgrenzen arbeiten, dann stellt sich häufig die Frage, nach einer Überlastungsanzeige.

Doch Jahr für Jahr begegnen mir in meinen Fortbildungen Sätze wie: „Ich darf keine Überlastungsanzeige schreiben, das wurde uns verboten.“ oder „Ach, das bringt doch sowie nichts.“ Dabei ist vielen Pädagogen nicht bewusst, dass sie rechtlich sogar verpflichtet sind, ihre Überlastung anzuzeigen und ansonsten selbst für mögliche Schäden haften, sollte etwas passieren.

Wie entsteht die Überlastung der pädagogischen Fachkräfte?

Überlastung in pädagogischen Einrichtungen kommt häufiger vor als man denkt und in vielen Einrichtungen handelt es sich dabei um Dauerzustände.

Die große Herausforderung ist, dass es im Unterschied zu Bürotätigkeiten oder Aufgaben in der Wirtschaft im sozialen Bereich mit Menschen gearbeitet wird, dieauch weiterhin qualitativ gut versorgt/gepflegt/unterstützt werdenwollen. Das führt dazu, dass die pädagogischen Fach- und Lehrkräfte mit Mehrarbeit nicht notwendigerweise Überstunden leisten, die sie wieder abbummeln könnten. Der überwiegende Teil der zusätzlichen Aufgaben zielt darauf ab, dass in der gleichen Zeit mehr geleistet werden muss. So ist man statt mit 12 Kitakindern plötzlich mit 25 Kindern über Monate hinweg allein, oder unterrichtet in 2 Klassenräumen gleichzeitig, weil das Personal fehlt und die Kinder trotzdem die Bildungseinrichtungen besuchen.

 

Wie sieht die Rechtsgrundlage aus?

In diesen Fällen muss dringend gehandelt werden. Denn sollte etwas passieren, haftet die Bildungseinrichtung. Davon abgesehen, dass man sich auch als Fach- oder Lehrkraft (ein Leben lang) Vorwürfe macht, ob/wenn ein Unfall hätte vermieden werden können.

Herrscht Personalnot ist es zunächst in der Pflicht der Leitung, den Träger zu informieren. Zusätzlich können die Pädagogen ihre Vorgesetzten informieren. Dies erfolgt bestenfalls in Form einer Überlastungsanzeige. Der Begriff „Überlastungsanzeige“ ist jedoch weder in einem Gesetz noch in einem Tarifvertrag geregelt. Er hat sich im Laufe der Zeit aus dem allgemeinen Arbeitsrecht entwickelt.

Laut Arbeitsschutzgesetz §15 müssen die Beschäftigten nämlich selbst für ihre eigene Sicherheit und Gesundheit sorgen. Ebenso für die Sicherheit und Gesundheit der Personen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind. Betroffene sind sowohl die Mitarbeiter als auch die Kinder der Einrichtung.

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) § 242 sind die Beschäftigten dazu verpflichtet, ihre Arbeitsleistung so zu erbringen, „wie Treu und Glauben auf die Verkehrssitte es erfordern.“ Aus diesem Grund müssen die pädagogischen Fachkräfte ihren Vorgesetzten zeitnah mitteilen, wenn die Qualität der zu erbringenden Arbeit leidet oder nicht verrichtet werden kann. Wichtig zu wissen ist, dass die Fachkräfte damit einer möglichen „Arbeitnehmerhaftung“ wegen „Übernahmeverschulden“ entgehen und vor Haftungsansprüchen geschützt sind. 

Dazu verpflichtet der § 618 BGB den Arbeitgeber dazu, Dienstleistungen unter seiner Leitung „so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit so weit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.“

Zusätzlich schützt das BGB mit dem Maßregelungsverbot (§ 612a) die Verfasser einer Überlastungsanzeige vor einer Abmahnung oder Kündigung wegen der Anzeige, da die gefühlte Überlastung auch immer mit der subjektiven Einschätzung der Gefährdungslage durch den Mitarbeitenden einhergeht.

 

Was ist eine Überlastungsanzeige?

Eine Überlastungsanzeige bzw. Gefährdungsanzeige ist ein Anschreiben, in welchem die Verantwortlichen (Leitung) oder Arbeitgeber (Träger) durch Mitarbeitende darauf hingewiesen werden, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der Arbeitsleistung oder Qualität der Arbeit nicht mehr gewährleistet werden kann und ggf. Schäden zu befürchten sind.

Zusätzlich werden darin die Gründe für die Überlastung genannt wie z. B. personelle Unterbesetzung. Hierbei ist zu beachten, dass die Gefährdung/Überlastung aufgrund einer sachlichen Situation (Personalmangel) und nicht aus einer persönlichen Situation (alleinerziehend) entstanden ist.

Wichtig zu wissen ist, dass jeder Mitarbeitende eine eigene Überlastungsanzeige schreiben bzw. einreichen muss. Sammelanzeigen bei denen es sich um eine Anzeige handelt, auf der alle Betroffenen genannt sind und unterschrieben haben, sind nicht zulässig.

 

Was muss eine Überlastungsanzeige konkret enthalten?

In der schriftlichen Anzeige sollten neben dem Datum, dem Namen der anzeigenden Person und dem Namen der Einrichtung auch die konkrete Überlastungssituation in kurzen Worten beschrieben sein.

Eine Überlastung kann durch längerfristigen Personalmangel (z. B. langzeiterkrankte Kollegen, unbesetzte Stellen) und damit verbunden durch einen über dem Durchschnitt liegenden Arbeitsaufwand in der gleichen Zeit (180% statt 100%) entstehen. Darüber hinaus können auch zusätzliche Aufgaben, die während oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu erledigen sind (z. B. Eingewöhnung), zur Überlastung führen.

Zusätzlich sollte auch geschildert werden, was die anzeigende Person bereits unternommen hat, um die Situation zu verbessern.

Die Überlastungsanzeige muss dem Arbeitgeber bzw. dem unmittelbaren Vorgesetzten unverzüglich nach Feststellung der Gefährdung übergeben werden. Besteht die Situation schon länger, ist eine verspätete Abgabe jedoch immer noch besser, als wenn gar nicht reagiert wird. Den Eingang sollte man sich entweder auf einer Zweitschrift bestätigen lassen oder das Schreiben per Einschreiben senden. Weiterhin ist es in großen Einrichtungen sinnvoll, dem Betriebsrat bzw. dem Personalrat eine Kopie weiterzuleiten. So hat dieser ebenfalls von der Situation Kenntnis und kann unterstützend tätig werden.

Erfolgt durch die Einrichtungsleitung oder den Träger auch im Anschluss keine Entlastung, können zwar entstehende Fehler nicht zu Lasten des Anzeigenden bewertet und geahndet werden, trotzdem ist eine permanente Überlastung keine Dauerlösung und es sollte der oder die Betroffene nach 4 Wochen eine erneute Überlastungsanzeige schreiben.

Im Anschluss findest du eine verdi Muster-Überlastungsanzeige sowie eine der GEW zur Vorlage als PDF.

Ich wünsche dir alles Gute und eine schnelle Abhilfe deiner Überlastungssituation!

Deine Bildungsexpertin

Ilka Köhler

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