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In der Ruhe liegt die Kraft

Veröffentlicht am
Vanessa Conradi - Bildungsexperten - In der Ruhe liegt die Kraft

Entwicklung einer ressourcenorientierten und achtsamen Prozessgestaltung im Team

Morgens 07:30 Uhr in einer Kindertageseinrichtung in Deutschland. Die Leitung stellt sich schon auf dem Weg zur Arbeit die Frage

„Wer hat sich heute wohl schon wieder krankgemeldet?
Wie können wir dann die Kinder betreuen?
Dann muss ich die wichtigen Termine auch wieder absagen.“

Wer erkennt sich in den oberen Zeilen wieder?

Wie oft habe ich mich bei diesem Gedanken erwischt, bis ich eines Tages die Achtsamkeit und den Rapport (Beziehung oder Verbindung, zwischen mir und meinem gegenüber) in meinen Führungs- und Leitungsmittelpunkt gesetzt habe. Die Leitung einer Kindertageseinrichtung ist wohl auch eher ein Managementposten als führen und leiten, wenn wir ehrlich sind.

Während der letzten Jahre, durfte ich einige Bildungseinrichtungen, als Kindergartenleitung managen. Als ich die Einrichtungen übernommen habe, hatten diese unterschiedliche Bedürfnisse und Themen. Auch ich stand zu diesen Zeitpunkten mit einem Methodenrucksack, der nicht immer 100 % passte, obwohl ich behaupte kreativ zu sein.

Nicht nur ich ging teilweise an mein Limit, machte Überstunden, war im Gruppendienst, übernahm Elterngespräche, führte standardisierte Bildungs- und Entwicklungsdokumentationen durch; auch meinen Kollegen und Kolleginnen ging es ähnlich. Durch meine Haltung, welche ich irgendwann der aktuellen Teamsituation anpasste, erleichterte sich vieles in meinem Alltag.

Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Spruch benutzte „In der Ruhe liegt die Kraft.“ Immer wieder ging mir dieser Spruch durch meinen Kopf. Was heißt dies eigentlich? Gibt es tatsächlich eine Ruhe in unserer Branche? Wie viel Kraft wird uns allen täglich abverlangt, in allen möglichen Situationen, zum Beispiel in der gemeinsamen Gestaltung des Tages mit den Kindern, in der Inklusion, in der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft und jetzt auch noch Corona.

Ist diese Unruhe, welche es gibt, dieses Chaos; nicht auch ein Stück weit unser Alltag. Ich würde nicht sagen, dass es Gleichgültigkeit ist, ich habe gelernt, dass ich gewisse Situationen nicht ändern kann und investiere meine Kraft lieber in Herausforderungen, die ich meistern kann.

Der Weg ist das Ziel

Diesen Satz habe ich während meiner Ausbildung täglich von den Lehrern und Lehrerinnen in meinen theoretischen Ausarbeitungen gehört. Irgendwann ging er in Fleisch und Blut über und landete auf meiner Leitungs- und Führungsfahne.

Egal wie lange wir mit den Kindern für etwas brauchen, dass wichtigste und wertvollste in der Alltagsgestaltung ist es im hier und jetzt mit den Kindern und dem Team zu sein. Die Fachkräfte dürfen aktive Interaktionsprozesse mit den Kindern gestalten (mit Kopf, Herz und Hand).

Sie dürfen im Moment leben, das macht unseren Arbeitsalltag im Kindergarten mit all den Herausforderungen so viel einfacher und bringt vielleicht auch wieder die Kraft und Freude, die wir alle brauchen, denn wirkliche Ruhe wird es wohl nicht geben, dafür haben wir wohl einen der lebendigsten und aktivsten Berufe, die es gibt.

Ein Tipp vorweg:
– Beobachten Sie die Kinder oder Ihr Team

      • Gehen Sie aktiv in den verbalen und nonverbalen (Körperhaltung, Mimik und Gestik) Austausch. Stellen Sie Fragen, ob Ihre Beobachtungen und sich Ihre daraus resultierenden Deutungen mit den Bedürfnissen, Themen des Kindes, des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin übereinstimmen.

      • Planen Sie gemeinsam die nächsten Schritte. Was ist möglich? Was wird gebraucht (Material und Raum)?

      • Gehen Sie aktiv in die Umsetzung.

    „Team; das A & O“- ohne jedes einzelnen funktioniert es nicht

    Stellen Sie sich vor, was wären wir ohne unser Team? Könnten wir eine Kindertageseinrichtung von fünf oder sechs Gruppen betreuen? Wäre eine Gruppe möglich? Könnten wir Kinder betreuen? Könnten wir jemals auf Fortbildungen oder in den Urlaub?

    Richtig, wäre wohl wieder eine Herausforderung; welche uns bewusst macht, dass so eine Bildungseinrichtung sich auf eine gewisse Art und Weise nur gemeinsam leiten und führen lässt.

    Ich sehe es als unsere Aufgabe, als Leitung eines Kindergartens, dass wir eine Atmosphäre schaffen, dass wir Vorbild sind, dass wir wertschätzendes Interesse zeigen. Es kommt auf die Kleinigkeiten im Alltag an, finde ich. Wir dürfen unserem Team auch etwas „gutes Tun“ und sei es nur mal den Küchendienst zu übernehmen, damit wieder endlich die Vorbereitungszeit genutzt werden kann. Es darf auch das Stück Schokolade nach einer konstruktiven und trotzdem anstrengenden Dienstbesprechung oder das Knoppers um halb zehn morgens in Deutschland.

    Seien Sie sich in Ihrem Team eine gegenseitige Stütze. Setzen Sie sich Prioritäten und haben Sie im Hinterkopf weniger ist manchmal einfach mehr.

    Treffen Sie immer verbindliche Absprachen, dieser Aspekt ist zwar vielleicht für manchen ziemlich kleinkariert; allerdings hilft dieser dabei, dass Situationen nicht ins ungewisse Verlaufen und es sich jemand zuständig fühlt.

    Tipps und Tricks zur Methodengestaltung

        • Suchen Sie nach Ressourcen in Ihrem Team, lernen Sie sich gegenseitig kennen (Schatzkarte basteln, mit jeweiligen Stärken und Schwächen, pädagogischen Steckenpferd „Was mache ich super gerne mit den Kindern“- denn hierbei gilt, was mir Spaß und Freude bereitet kann ich besser anderen erklären und ich habe eine andere Motivation). Nutzen Sie diese Ressourcen. Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden. Weshalb soll jede Gruppenleitung einen Elternbrief schreiben, wenn ein Kollege oder eine Kollegin, dies gerne macht, dafür übernimmt jemand etwas anderes.

        • Sammeln Sie Sternenmomente im Team, zum Beispiel auch am Anfang einer Dienstbesprechung anzuwenden oder im morgendlichen Jour Fixe oder auch Blitzlicht.

        • Benutzen Sie den Sorgenfresser, als Symbol für etwas, dass Sie maßlos aufregt. Eine Situation, eine Person. Diese Methode sollte dennoch respektvoll und in einem geschützten Rahmen stattfinden, zum Beispiel auch am Anfang einer Dienstbesprechung. Damit kann der Frust ausgesprochen werden und anschließend sich wieder lösungsfokussiert konzentriert werden. Hilft und macht auch ein bisschen Spaß! Es ist nicht alles großartig und positiv und das darf auch mal ausgesprochen werden.

        • Geben Sie sich eine „Warme Dusche“- als Dekoration in der gemeinsamen Teamküche oder Personalraum möglich. Jeder im Team erhält ein Säckchen, in welche unbeschriftete Wassertropfen drin sind, diese werden mit Komplimenten (persönlich oder pädagogisch) beschriftet und wieder in das Säckchen des jeweiligen Kollegen oder der jeweiligen Kollegin gepackt. Wer erhält nicht gerne Komplimente? Dies kann auch anonym umgesetzt werden.

        • Wir wissen nun, dass wir den „Laden“ nicht allein „schmeißen“ können, deshalb braucht es eine gewisse Aufgabenverteilung im Team. Machen Sie sich als Leitung Gedanken welche Aufgaben in Ihrer Einrichtung anfallen und welche Sie auch abgeben möchten, welche Sie allerdings auch mit übernehmen möchten (zum Beispiel gewisse Arbeitskreise, in welchen Sie einfach als Leitung sind und sich regelmäßig zum Austausch treffen). Verschriftlichen Sie diese Aufgaben, sodass jeder eine Transparenz erhält und auch neue Kollegen und Kolleginnen wissen, welche Aufgaben es im Team gibt.

      Personalgestaltung/- Engpass/-Mitarbeiterfindung

      Personal können wir uns leider nicht backen. Was wir machen können, ist den Raum als weitere Fachkraft („Raum als dritter Erzieher“- aus der Reggio- Pädagogik) wahrnehmen. Den Kindern und uns eine Umgebung schaffen, welche wertschätzend und ästhetisch ist, in der die Kinder lernen können, Eltern einen Einblick in die Themen und Interessen der Kinder erhalten.

      Wünschenswert ist es, wenn wir die Kinder altersentsprechend und aktiv mit in die Gestaltung einbeziehen. Es gibt ein Zitat, welches mich begeistert, welches einfach in meinem Herzen ankommt: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst“ (Augstinus Aurelius). Es kann auch helfen eine gemeinsame Basis im Team zu schaffen. Sich dem Thema „Motivation- Weshalb, warum, wozu?“ in einer Dienstbesprechung zu widmen.

      Um den Druck für die Kollegen und Kolleginnen rauszunehmen, besonders bei Personalengpass, hilft es dem Team vor Augen zu führen, was unser gesetzlicher Auftrag ist. Unsere Aufgabe ist es Kinder zu bilden, zu betreuen und zu erziehen. Druck entsteht auch oft, in der Gestaltung von Portfolios. Was aus meiner Sicht selbst- gemachter Druck ist. Als pädagogische Fachkraft sortiere ich meine Prioritäten selbst.

      Wenn es meine Priorität ist, den Alltag mit den Kindern zu gestalten, im Moment zu sein, das hat dies auf mich eine sehr entspannte und angenehme Atmosphäre. Wahrscheinlich gibt es dennoch Kollegen und Kolleginnen, welche demotiviert sind. Um dieser negativen Stimmung entgegenzuwirken, kann es helfen den Objektiven Blickwinkel einzunehmen. Der Kollege, die Kollegin hat einen Arbeitsvertrag unterschrieben, das war seine/ihre Entscheidung.

       

      Ein rationaler Tipp

      Sollte der Personalengpass zu hoch sein und Sie überlegen tatsächlich noch, wie Sie den Alltag gestalten und die „Personallücken“ schließen können:

      Es gibt einen Personal- Kind Schlüssel. Keiner muss zu irgendwelchen Bedingungen arbeiten. Trauen Sie sich reduzieren Sie Kinder, begrenzen Sie die Öffnungszeiten, schließen Sie Gruppen. Ich bin selbst Mama und weiß in welche Situation, durch Ihre Handlung Familien kommen.

      Sobald der Personal- Kind Schlüssel nicht mehr gedeckelt ist, ist es sogar unsere Aufgabe, zum Wohle der Kinder, etwas zu machen. Jede Entscheidung hat ihren Preis und diese Entscheidung ist vielleicht nicht einfach zu treffen, nur was soll denn bitte die Alternative sein, wenn nicht ausreichend Personal da ist.

      Öffentlichkeitsarbeit

      Was ich wichtig finde, ist, dass die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft nicht leiden darf. Meistens kommt alles zusammen. Machen Sie sich bewusst, dass Eltern oder auch Besucher in einer Bildungseinrichtung nur die Bring- und Abholsituationen mitbekommen.

      Deshalb gilt in dieser Zeit ein noch bewussterer Umgang mit allen Beteiligten, es ist unsere Bühnenshow. Damit meine ich nicht, dass Sie außerhalb dieser Zeit keinen bewussten Umgang mit Kollegen, Kolleginnen, Kindern und Eltern haben sollen, allerdings macht es allen transparent, wie wichtig und wertvoll dieser kleine Zeitausschnitt am Tag für die Öffentlichkeit ist.

      Tür– und Angelgespräche können mit Herzmomenten des Alltags der Kinder gestaltet werden. Gehen Sie aktiv in den „kurzen“ Austausch (Tür- und Angelgespräche dauern nicht länger als zwei bis drei Minuten). Erzählen Sie den Abholberechtigten, was das Kind heute erlebt und mit Ihnen gemeinsam gelernt hat. Es gab Kindertageseinrichtungen, in welchen wir die drei Bildungs-momente, aus dem Alttag auf ein Whiteboard für Eltern geschrieben haben und nach Bildungsbereichen sortiert haben.

      Somit hatten wir eine hohe Transparenz an die Eltern, was am Tag passierte und haben parallel Qualitätsstandards eingeführt. Die Eltern waren begeistert. Dennoch ist der tägliche persönliche Austausch enorm wichtig, nicht nur für die Eltern, sondern auch für uns. Ich habe im Gruppendienst, bei Tür- und Angelgesprächen wichtiges über die Familien erfahren.

      „Let ́s Go“- Der Weg in die Veränderung

      Aus jeder Herausforderung nehmen wir etwas mit. Dennoch gilt, seien Sie als Führungskraft ein Vorbild und das Team partizipieren lassen. Denn die Teamatmosphäre übertragen Ihre Kollegen und Kolleginnen auf die Kinder und diese übertragen es auf die Eltern. Somit sind wir bei der Öffentlichkeitsarbeit.

      Haltung ändern dauert, und passiert nicht von heute morgen. Doch es gilt das Zitat:

      „Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe“. (Götz Werner)

       

      Fahrplangestaltung

        • Start zeichnen
        • Ziel zeichnen

        Dazwischen befinden sich Landschaftsmarkierungen (was dort zu bearbeiten ist, evtl. Was oder Wer gebraucht wird)

         

        Ziele SMARTER festlegen

        • S: Spezifisch (fühlen, schmecken, welches innere Bild ergibt sich, wenn ich an das Ziel denke?
        • M: Messbar
        • A: Attraktiv (welche Auswirkungen hat dies auf nahestehende Personen?
        • R: Realistisch
        • T: Terminiert
        • E: Ethisch
        • R: Recorded (aufzeichnen)- schriftlich festhalten

        Ich wünsche Ihnen und Ihrem Team ganz viel Freude und Entspannung beim Denken. Vielleicht hat sich beim Lesen der ein oder andere Aha-Moment eingeschlichen. Probieren Sie sich einfach aus.

        Denken Sie daran: Der erste Schritt, ist der erste Schritt in eine andere Richtung, in die entspannte Richtung.

        Ihre Bildungsexpertin

        Vanessa Conradi

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